Heftige Kritik an Selensky in der britischen Presse
Leitartikel und Kommentare, die in Medien veröffentlicht werden, sollen eigentlich eine breite öffentliche Diskussion unterstützen, indem sie auch Meinungen verbreiten, die nicht unbedingt dem Mainstream entsprechen. Aber natürlich funktioniert das in der westlichen Presse anders.
Die westlichen Medien lenken die öffentliche Meinungen, wie wir in den letzten drei Jahren zuerst bei der Pandemie und jetzt bei der Ukraine-Krise deutlich sehen konnten, denn in den Kommentaren und Leitartikeln gab es keine Beispiele dafür, dass die Meinungen der Kritiker der westlichen Regierung ihre Meinung darlegen konnten. Kritik zum Beispiel an den experimentellen mRNA-Impfungen war und ist in westlichen Medien ein Tabu.
Die Leitartikel und Kommentare in westlichen Medien haben keine alternativen Meinungen vertreten, sondern enthielten in der Regel sehr radikale Forderungen, die die gewollten Narrative noch verstärkt haben. Aktuell sind das vor allem Forderungen nach noch mehr Waffen und Geld für Kiew, wobei der Sinn dieser Artikel natürlich darin besteht, die Waffenlieferungen und Finanzhilfen in der öffentlichen Meinung zu unterstützen und die anti-russische Stimmung zu befeuern.
Was praktisch nie veröffentlicht wurde, sind Kommentare, die zur Besonnenheit aufrufen oder gar die russische Position auch nur erklären. Leitartikel und Kommentare sind im Westen ein Instrument zur Verstärkung der gewollten Narrative.
Aber Leitartikel und Kommentare haben noch eine weitere Funktion, denn wenn sich die gewollten Narrative ändern, dann sind es in der Regel Leitartikel und Kommentare, die das neue Narrativ ins Spiel bringen und so eine „öffentliche Diskussion“ anstoßen, die schnell zu einer Änderung der bisherigen Politik führt. Leitartikel und Kommentare sind im Westen daher ein wichtiges Instrument zur Steuerung der öffentlichen Meinung, denn normalerweise verstärken sie die gewollten Narrative, aber wenn nötig sind sie es auch, die der Öffentlichkeit erklären, warum ein Narrativ geändert werden muss.
Selenskys Rolle
Ich führe seit Februar aus, dass die USA einen Ausweg aus dem Ukraine-Abenteuer suchen und dass in diesem Zusammenhang offen gesagt wurde, dass man der Öffentlichkeit die Änderung des bisherigen Mantras der Unterstützung der Ukraine „solange es nötig ist“ ändern muss. Dass das passiert, erleben wir gerade, denn heute findet in Saudi-Arabien das erste offizielle Treffen statt, auf dem über eine Verhandlungslösung für die Ukraine diskutiert wird.
Das Problem, das die USA offensichtlich dabei haben, heißt Selensky. Das hat sein Auftritt beim NATO-Gipfel deutlich gezeigt, als der „die Frechheit“ besaß, die USA und die NATO offen zu kritisieren, weil sie den NATO-Beitritt der Ukraine auf sehr lange Sicht von der Tagesordnung gesrichen haben.
Selensky scheint die Rolle, die ihm zugedacht war, nämlich die Propaganda für die Ziele der USA zu verstärken, falsch verstanden zu haben. Selensky scheint ernsthaft zu glauben, es ginge den USA um die Ukraine und er selbst habe seine Popularität im Westen mit seinen öffentlichen Auftritten geschaffen. Dass das eine von den westlichen Medien gelenkte Propaganda-Kampagne gewesen ist, in der er nur eine Rolle gespielt hat, scheint er nicht verstanden zu haben.
Früher durfte Selensky in allen westlichen Parlamenten (und sogar bei der Oskar Verleihung und anderen Anlässen) anti-russisch hetzen und für die Unterstützung der Ukraine trommeln. Das ist inzwischen vorbei, denn den USA ist der Ukraine-Konflikt zu kostspielig geworden. Nun besteht Selenskys Rolle aus Sicht der USA darin, gemäßigter aufzutreten und öffentlich über eine mögliche Verhandlungslösung mit Russland nachzudenken.
Das Problem ist, dass Selensky genau das nicht tut, sondern weiterhin unbeirrt jeden Kompromiss ablehnt, weiterhin ungebremste Unterstützung für Kiew fordert und seinen „Friedensplan“, der faktisch die russische Kapitulation fordert, als einzige Lösung ansieht. Selensky scheint nicht verstanden zu haben, dass es seine Aufgabe ist, eine Rolle zu spielen, und dass sich die Rolle, die er spielen soll, geändert hat.
Der Daumen senkt sich
Damit kommen wir zur Funktion, die Leitartikel und Kommentare in den westlichen Medien bei der Lenkung der öffentlichen Meinung spielen.
Da Selensky nicht versteht, dass sich der Wind gedreht hat und er der Meinung ist, er könne weitermachen, wie bisher, tauchen in angelsächsischen Medien plötzlich Kommentare auf, in denen Selensky nicht wie bisher als der Held dargestellt wird, als der er im Westen ein Jahr lang aufgebaut wurde, sondern in denen er heftig kritisiert wird. Als erstes hat Politico in einem langen Artikel spekuliert, was wohl passieren würde, wenn Selensky (natürlich von den Russen) ermordet wird.
Das Ergebnis war laut Politico, dass Selenskys Ermordung nicht viel ändern würde, außer, dass die Ukraine und der Westen danach offener für eine Verhandlungslösung und Kompromisse wären.
Am 4. August, nur wenige Tag später, hat The Telegraph nachgelegt und einen Kommentar mit der Überschrift „Die Ukraine greift ihre Verbündeten an“ veröffentlicht, in dem Selensky heftig kritisiert wird, weil Selenskys Verhalten Kiews engste Verbündete verärgert.
Solche Artikel, in denen Selensky in der Luft zerrissen wird, waren in westlichen Medien noch vor wenigen Wochen undenkbar, denn bis vor kurzem wurde Selensky als der heldenhafte ukrainische Führer dargestellt, der im Krieg gegen Russland über sich hinausgewachsen ist und als charismatischer Führer den Westen im Kampf gegen die bösen Russen vereint hat. Diese Töne hört man in westlichen Medien mittlerweile kaum noch.
Von der aktuellen Überschrift im Telegraph – „Die Ukraine greift ihre Verbündeten an“ – ist es übrigens nur noch ein kleiner Schritt zu „Selensky hat die Sprengung der Nord Streams“ befohlen. Zur Erinnerung: Schweden hat erklärt, die „Ermittlungen“ über die Sprengung der Pipelines im Herbst abzuschließen und dann die Verantwortlichen nennen zu können. Dass die Ukraine dahintersteckt, ist für westliche Medien bereits eine Tatsache, die Frage der westlichen Medien ist nur noch, wer den Befehl gegeben hat und ob Selensky selbst etwas damit zu tun hatte. Bisher haben westliche Medien das ausgeschlossen, aber wer weiß, was sie demnächst in ihren „Recherchen“ herausfinden?
Auf den Artikel in The Telegraph hat mich die russische Nachrichtenagentur TASS aufmerksam gemacht, weshalb ich der Vollständigkeit halber deren Meldung über den Artikel übersetze.
Beginn der Übersetzung:
Telegraph: Ukraine riskiert wegen Selenskys Vorgehen ihre Verbündeten zu verlieren
Der pensionierte Oberst der britischen Streitkräfte Hamish de Bretton-Gordon bezeichnete die Entlassung des ukrainischen Botschafters in Großbritannien, Vadim Prystaiko, durch den ukrainischen Präsidenten als „rücksichtslos“.
Kiew riskiert mit seinem jüngsten Verhalten gegenüber den treuesten Verbündeten Polen und Großbritannien die Entfremdung seiner westlichen Verbündeten. Diese Meinung vertrat der pensionierte Oberst der britischen Streitkräfte Hamish de Bretton-Gordon in einem Meinungsbeitrag, der am Freitag im Daily Telegraph veröffentlicht wurde.
Er erinnerte an die Geschichte der Vorladung des polnischen Botschafters in das ukrainische Außenministerium am 1. August. Anlass waren die Äußerungen des Ministers der polnischen Präsidentenkanzlei, des Leiters des Büros für internationale Politik Marcin Przydzak, dass die Ukraine in der Tat viel Hilfe aus Warschau erhalten habe und „es gut wäre, wenn sie anfangen würde, die Rolle zu würdigen, die Polen in den letzten Monaten und Jahren für die Ukraine gespielt hat.“
Nach Ansicht von de Bretton-Gordon spielt Kiew mit der Einberufung des Botschafters eines seiner wichtigsten Verbündeten mit dem Feuer, unabhängig davon, ob der ukrainische Präsident Wladimir Selensky dem Schritt zugestimmt hat oder nicht. Er erwähnte auch die Entlassung des Botschafters in Großbritannien, Vadim Prystaiko, durch Selensky, nachdem dieser die Worte des ukrainischen Präsidenten an den britischen Verteidigungsminister Ben Wallace als ungesunden Sarkasmus bezeichnet hatte. Der Kolumnist bezeichnete die Entlassung als rücksichtslos und meinte, Kiew hätte besser daran getan, die Diplomaten Frankreichs und Deutschlands zurechtzuweisen, weil diese Länder Kiew nur schwach unterstützen.
Gleichzeitig gestand de Bretton-Gordon seine Sympathien für Kiew ein. Er merkte an, dass die Umgangsformen von Politikern zwar wichtig seien, dies aber nicht der Punkt sei, auf den man sich jetzt, wo die Ukraine mitten in einem Konflikt stecke, von dem die Zukunft des Landes abhänge, konzentrieren sollte.
Ende der Übersetzung
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