dinsdag 15 juni 2021

Putin gibt anderthalb-stündiges Interview zu allen internationalen Themen

 

Putin gibt anderthalb-stündiges Interview zu allen internationalen Themen und der Spiegel-Leser erfährt: Nichts!


Vor dem Gipfeltreffen der Präsidenten Wladimir Putin und Joe Biden hat der Putin dem US-Sender NBC ein anderthalb-stündiges Interview gegeben. Davon allerdings - und vor allem von dem Inhalt - sollen Spiegel-Leser offensichtlich nichts erfahren.

Es ist faszinierend, wie der Spiegel seine Leser dumm hält. Vor dem anstehenden Gipfeltreffen von Putin und Biden hat Putin dem US-Sender NBC ein anderthalb-stündiges Interview gegeben, in dem er zu allen aktuellen und alten Vorwürfen des Westes befragt wurde. Ich habe das gesamte Interview übersetzt, damit Interessierte aus erster Hand erfahren können, was Putin zu den Vorwürfen aus dem Westen sagt und vor allem, dass Putin keine Scheu hat, sich den kritischen Fragen westlicher Journalisten zu stellen, die Putin offen feindselig gegenüber stehen. Die Übersetzung finden Sie hier

Wäre der Spiegel tatsächlich ein Nachrichtenmagazin, wäre das eine gute Gelegenheit, den Lesern die russische Sicht und die russischen Argumente aufzuzeigen, damit der Leser zu all den aktuellen Themen der internationalen Politik die Meinungen beider Seiten kennt. Aber im Spiegel gab es nur einen kurzen Artikel darüber und der war – wenig überraschend – manipulativ.

Die manipulative Provokation

Der Spiegel-Artikel trägt die Überschrift „Russland – Putin will nicht garantieren, dass Nawalny das Gefängnis lebend verlässt“ und ist entsprechend manipulativ. Schon die Überschrift suggeriert dem Leser, dass Putin quasi nicht ausschließt – oder gar andeutet -, dass Navalny im Gefängnis etwas zustoßen könnte. Dabei ist die Frage an sich schon Unsinn, oder können Sie sich vorstellen, dass ein Journalist zum Beispiel den britischen Regierungschef Boris Johnson fragt, ob der garantieren kann, dass Julian Assange das Londoner Gefängnis lebend verlässt?

Daran sieht man, dass diese Frage im Grunde eine Provokation ist. Aber selbst wenn man die Frage ernst nehmen würde: Kann irgendein Regierungschef der Welt garantieren, dass ein Verurteilter seine Haft überlebt? Menschen bekommen auch in Freiheit Herzinfarkte oder ähnliches und niemand kann garantieren, dass dieser oder jene Mensch – ob in Freiheit oder im Gefängnis – in zwei Jahren noch lebt.

Das weiß auch jeder Journalist. Das zeigt – wie auch viele andere Fragen des NBC-Journalisten -, dass es NBC nicht darum gegangen ist, Putin zu interviewen. Man wollte Putin reizen und ihn zu unüberlegten Antworten provozieren, mit denen man dann dem amerikanischen Publikum den „bösen Diktator Putin“ präsentieren kann. Das zeigte sich auch daran, dass der Journalist immer wieder versucht hat, Putin zu unterbrechen und neue Fragen zu stellen, wenn Putin begann, seine Argumente aufzuzählen. Diese Argumente sollen die amerikanischen Fernsehzuschauer nicht hören. Das sagte Putin sogar einmal ganz offen, nachdem der NBC-Journalist Putin mehrmals bei einer einzigen Antwort ins Wort gefallen ist:

„Wenn Sie einfach Geduld haben und mich ausreden lassen, wird Ihnen alles klar. Aber Sie mögen meine Antwort nicht, Sie wollen nicht, dass Ihre Zuschauer meine Antwort hören, das ist das Problem. Sie knebeln mich. Ist das Meinungsfreiheit? Oder ist das Meinungsfreiheit auf amerikanische Art?“

Da eine solche Aussage natürlich für den Interviewer peinlich ist, hat er Putin danach weniger unterbrochen. Als er es später mit einem Hinweis auf die Zeitmangel erneut versuchte, nahm Putin ihm auch dabei den Wind aus den Segeln und das Interview dauerte so lange, bis NBC alle Fragen auf der Liste abgehandelt und das Interview selbst beendet hat. Zum angeblichen Zeitmangel sagte Putin nur:

„Hier bestimme über die Zeit, also keine Sorge.“

Was Spiegel-Leser erfahren

Von all dem – und vor allem davon, dass der NBC-Mann Putin wirklich offensiv und sogar unhöflich angegangen hat – erfährt der Spiegel-Leser nichts. Er erfährt auch nicht, dass Putin dabei zu allen Vorwürfen des Westens (Wahleinmischungen, Cyberangriffe, Giftmord, etc.) befragt wurde. Und Putins Antworten und Argumente werden komplett verschwiegen. Wenn Putin lügt, dann müssten die Spiegel-Redakteure doch eine diebische Freude daran haben, jede seiner Lügen zu sezieren und zu entlarven. Stattdessen wird alles verschwiegen.

Der Spiegel-Leser erfährt lediglich ein wenig zum Fall Navalny, was ja ohnehin das Lieblingsthema des medialen Sturmgeschützes der Nato-Geheimdienste aus Hamburg ist. Zunächst ging es in dem Artikel um die angebliche Vergiftung von Navalny, wobei der Spiegel wieder auf die Ergebnisse seiner angeblichen gemeinsamen „Recherchen“ mit Bellingcat hinweist, dann folgt folgender Absatz: 

„Auch in dem Interview mit dem US-Sender bestritt Putin, einen Giftanschlag angeordnet zu haben. Er mochte andererseits aber auch keine Garantie abgeben, dass Nawalny das Gefängnis jemals wieder lebend verlasse. »Solche Entscheidungen werden in diesem Land nicht vom Präsidenten getroffen«, sagte der Kremlchef.“

Schwache Leistung vom Spiegel

Als Spiegel-Redakteur, dessen Aufgabe es bekanntlich ist, schlecht über Russland zu berichten, hätte man Putins Antwort weit besser ausschlachten können. Putins vollständige Antwort auf die Frage lautete:

„Hören Sie, das ist nicht die Entscheidung des Präsidenten, es ist eine Gerichtsentscheidung, jemanden freizulassen oder nicht freizulassen. Für die Gesundheit von Menschen, die sich in Haft befinden, ist die Verwaltung des Haftortes verantwortlich. Die medizinischen Einrichtungen in den Haftanstalten sind wahrscheinlich nicht im besten Zustand, in Einrichtungen dieser Art. Die Gefängnisbehörden sind diejenigen, die ein Auge darauf haben. Ich hoffe, sie tun das in angemessener Weise.
Um ehrlich zu sein, ist es schon lange her, dass ich an einem solchen Ort war, ich war einmal in St. Petersburg in so einem Ort und die medizinische Versorgung in Haftanstalten hat einen schlechten Eindruck auf mich gemacht. Aber ich hoffe, dass in der Zwischenzeit etwas getan wurde, um die Situation zu verbessern. Ich gehe davon aus, dass bei der von Ihnen genannten Person die gleichen Methoden angewandt werden, keine schlechteren, das kann man mit Sicherheit sagen, als bei allen anderen Personen in Haft.“

Daraus hätte die westliche Presse massenhaft Artikel über die (angeblich) miesen Zustände in russischen Gefängnissen fabrizieren und suggerieren können, dass die Haftbedingungen so schlecht sind, dass Putin buchstäblich nicht ausschließt, dass Navalny an den Haftbedingungen stirbt. Der Spiegel-Artikel ist also gleich aus zwei Perspektiven miserabel: Aus Sicht der Berichterstattung ist er armselig, da er über Putins Aussagen in den Interview nicht berichtet, sondern sich nur auf ein Thema stürzt. Und aus Sicht der westlichen Propaganda ist der Artikel miserabel, weil er nicht einmal die Vorlagen nutzt, die man – mit der nötigen Portion bösen Willens – aus Putins Aussage hätte ziehen können.

Cyberkrieg

Das einzige Thema, das der Spiegel aus dem Interview noch aufgegriffen hat, war das Thema Cyberkrieg. Der Spiegel-Leser erfährt dazu:

„Der Präsident forderte auch erneut Beweise für die Russland zugeschriebenen Hackerangriffe in den USA. »Wir sind schon aller möglichen Dinge beschuldigt worden – Wahleinmischung, Cyberangriffe und so weiter«, sagte Putin demnach. Es seien aber keine Belege für die Anschuldigungen vorgelegt worden. »Wo sind die Beweise?«, fragte Putin“

Der NBC-Journalist Keir Simmons behauptete in seiner Frage, es gäbe „eine Menge an Beweisen, und es gibt bestimmte Cyber-Angriffe, die offenbar staatlich gesponsert wurden“ und nannte dann wieder die aus den USA geäußerten Anschuldigungen. Aber wieder ohne auch nur einen einzigen Beweis zu nennen. Im Spiegel hingegen wird die Tatsache, dass nie Beweise vorgelegt wurden, im Konjunktiv formuliert, also als Behauptung Putins. Dabei ist das nun einmal wahr, alles was wir zu dem Thema haben, sind unbelegte Vorwürfe.

Dass das wahr ist, zeigt die Passage aus dem Interview. Ich zitiere hier den Dialog zwischen Simmons und Putin zu dem Thema komplett auf:

Simmons: Sie haben die Cyberangriffe erwähnt und bestreiten eine Beteiligung Russlands an diesen Angriffen. Aber Herr Präsident, es gibt jetzt eine riesige Menge an Beweisen, und es gibt bestimmte Cyber-Angriffe, die offenbar staatlich gesponsert wurden. Ich gebe fünf Beispiele.
Der US-Geheimdienste sagen, dass Russland im Jahr 2016 in die Wahl eingegriffen hat und die Verantwortlichen für die Wahl sagten, dass Russland im Jahr 2020 in die Wahl eingegriffen hat. Die Verantwortlichen für Cybersicherheit sagen, dass Hacker in die Verwendung und Entwicklung des Coronavirus-Impfstoffs eingegriffen haben.
SolarWinds war auch eine der schlimmsten Cyberattacken, die schwerste Cyberattacke, es waren neun US-Behörden betroffen. Und kurz vor dem Gipfel sagte Microsoft, dass es einen weiteren Angriff gab und die Ziele Organisationen waren, die Ihnen gegenüber kritisch eingestellt waren, Herr Präsident.
Herr Präsident, führen Sie einen Cyberkrieg gegen Amerika? Stimmt das?
Putin: Verehrter Keir, Sie haben gesagt, dass es eine ganze Reihe von Beweisen für Cyberangriffe durch Russland gibt, und dann haben Sie die offiziellen US-Behörden aufgelistet, die das gesagt haben, richtig?
Simmons: Ich gebe Ihnen nur die Information, wer es gesagt hat, damit Sie antworten können.
Putin: Ja, Sie geben die Information an mich weiter, wer das gesagt hat. Aber wo ist der Beweis, dass dies tatsächlich geschehen ist? Ich sage Ihnen was: dies und das und jenes wurde gesagt, aber wo ist der Beweis? Ich kann auf solche haltlosen Anschuldigungen antworten: Sie können sich bei der Internationalen Liga für Sexualreform beschweren. Stellt Sie das zufrieden?
Das ist doch alles nur Gerede über nichts. Legen Sie wenigstens irgendetwas auf den Tisch, das wir uns ansehen und auf das wir reagieren können. Aber es gibt nichts.
Soweit ich weiß, war einer der letzten Angriffe der auf das US-Pipelinesystem.
Simmons: Ja.
Putin: Soweit ich weiß, haben die Aktionäre dieser Firma sogar beschlossen, ein Lösegeld zu zahlen. Sie haben die Cyber-Banditen ausgezahlt. Aber wenn Sie die ganze Reihe der angesehenen US-Geheimdienste aufzählen, sie sind mächtig und global, können sie diejenigen finden, die am Ende das Lösegeld bekommen haben oder nicht? Ich hoffe, sie überzeugen sich davon, dass Russland nichts damit zu tun hat.
Jetzt ein Cyberangriff auf irgendeine Fleischverpackungsanlage. Und dann steht auf gefärbten Eiern, dass der Angriff abgeschlossen ist, verstehen Sie? Es wird einfach zu einer Art Farce, einer endlosen Farce. Sie sagten: viele, viele Beweise, aber Sie haben keine genannt. Es ist nur leeres Gerede. Wovon reden wir hier?

Und? Haben Sie irgendwelche Beweise gesehen? Hat Simmons welche erwähnt?

Aber Spiegel-Leser sollen nicht erfahren, wie unbelegt und damit unhaltbar die westlichen Vorwürfe gegen Russland sind. Wenn es Beweise gibt, warum werden die nicht gezeigt?

Wer des Englischen mächtig ist, kann hier das von NBC veröffentlichte Interview anschauen. Der Kreml hat es auf Russisch und mit einem kompletten Transkript veröffentlicht, dass Sie hier finden.

https://www.anti-spiegel.ru/2021/putin-gibt-anderthalb-stuendiges-interview-zu-allen-internationalen-themen-und-der-spiegel-leser-erfaehrt-nichts/



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