Führende US-Demokraten fordern aktuell neue Sanktionen gegen Russland – wegen „Wahleinmischung“. Gleichzeitig werden im kommenden US-Haushalt große Summen zur internationalen Einmischung durch die USA eingeplant. Die Betrachtung von Bernie Sanders und seiner Partei führt in ein Dilemma. Von Tobias Riegel.
Die Meinungsmache und die Doppelmoral rund um die „russischen Einmischungen“ in die US-Politik erleben dieser Tage ein neues Hoch: So fordern prominente US-Demokraten neue Sanktionen gegen Russland – wegen angeblicher Wahleinmischung. Gleichzeitig kündigt die US-Regierung an, viel Geld bereit zu stellen, um gegen „russische Desinformation“ in anderen Ländern vorzugehen – also für Einmischungen. Derweil spinnen US-Geheimdienste gemeinsam mit US-Medien immer weiter an der These von der russischen Einmischung und lancierten gerade „Infos“, die nun auch den Demokraten Bernie Sanders betreffen – kurz vor wichtigen Wahlterminen. Der Vorwurf, russisch gelenkt zu sein, kann Kandidaten in die Ecke treiben, was Sanders für fragwürdige Distanzierungen gegenüber Russland zum Anlass nahm.
Die Meinungsmache und die Doppelmoral rund um die „russischen Einmischungen“ in die US-Politik erleben dieser Tage ein neues Hoch: So fordern prominente US-Demokraten neue Sanktionen gegen Russland – wegen angeblicher Wahleinmischung. Gleichzeitig kündigt die US-Regierung an, viel Geld bereit zu stellen, um gegen „russische Desinformation“ in anderen Ländern vorzugehen – also für Einmischungen. Derweil spinnen US-Geheimdienste gemeinsam mit US-Medien immer weiter an der These von der russischen Einmischung und lancierten gerade „Infos“, die nun auch den Demokraten Bernie Sanders betreffen – kurz vor wichtigen Wahlterminen. Der Vorwurf, russisch gelenkt zu sein, kann Kandidaten in die Ecke treiben, was Sanders für fragwürdige Distanzierungen gegenüber Russland zum Anlass nahm.
Sanders und Russland: Alles Wahltaktik?
Diese Äußerungen von Sanders gemahnen an ein Risiko, das die NachDenkSeiten kürzlich in diesem Artikel näher beschrieben haben: Angesichts der mächtigen innerparteilichen Widerstände könnte es sein, dass ein isolierter US-Präsident Sanders außenpolitisch martialisch und im Sinne der parteiübergreifenden „Kriegspartei“ agiert, um sich innenpolitischen Spielraum zu verschaffen. So gerne manche Anhänger Sanders’ jüngste Sätze in Richtung Russland als Wahltaktik verbuchen möchten: Man sollte nicht ignorieren, dass sich Sanders auch vor dem Wahlkampf außenpolitisch fragwürdig geäußert hat.
Zu den aktuellen Äußerungen von Sanders zu Russland hat Albrecht Müller gerade diesen Artikel geschrieben. Andere – sich teils positiv abhebende – Statements von Sanders finden sich in dieser Rede zur Außenpolitik von 2017, vor einigen Jahren hat er laut diesem Artikel eine „NATO unter Einbeziehung Russlands“ vorgeschlagen. Problematisches ist dagegen in diesem Artikel zu lesen, in dem Sanders 2017 folgendermaßen zitiert wird:
„Das kommt mir komisch vor: Wir haben einen Präsidenten, der sich unter Autokraten und Diktatoren wohler fühlt als im Kreis der Führer demokratischer Nationen. Warum ist er so in Putin verschossen, einen Mann, der die Demokratie unterdrückt und auf der ganzen Welt Demokratien destabilisiert – auch bei uns?“
700 Millionen Dollar – „Um dem russischen Einfluss entgegenzuwirken“
Dabei reservieren die USA selber (ganz offen) viel Geld, um andere Staaten in ihrem Sinne zu destabilisieren. Unter dem Titel „Dem russischen Einfluss durch die Stärkung der US-Verbündeten entgegenwirken“ erklärt aktuell die US-Regierung auf ihrer Homepage zum vorgeschlagenen Haushalt 2021:
„Der Haushalt sieht 700 Millionen Dollar für die Unterstützung Europas, Eurasiens und Zentralasiens vor, um die gemeinsame Sicherheit voranzubringen, die territoriale Integrität der US-Verbündeten zu schützen, die Bemühungen der Partnerländer um eine Abkehr von der russischen Militärausrüstung zu unterstützen und Schwächen im makroökonomischen Umfeld zu beheben, die die russische Regierung auszunutzen versucht, wie etwa die Abhängigkeit von Energie und Handel.“
Ein beachtlicher Teil dieser „unterstützenden“ 700 Millionen Dollar wird mutmaßlich in „Zivilgesellschaft“, Propaganda und Meinungsmache in den jeweiligen Ländern Europas, Eurasiens und Zentralasiens fließen. Ein anderer Teil wird sogar offiziell für den Zweck der (Gegen-)Propaganda deklariert:
„Der Haushalt sieht auch 24 Millionen Dollar für das Global Engagement Center vor, um russischer Propaganda und Desinformation entgegenzuwirken.“
Das sind offene Pläne zur Einmischung in fremde Länder. Diese Pläne stellen das dar, was führende US-Politiker und -Medien seit Jahren Russland in Bezug auf die USA und ihre Verbündeten vorwerfen, ohne es angemessen zu unterfüttern. Diese Heuchelei ist nicht neu und soll hier nicht über Gebühr erneut skandalisiert werden. Man sollte aber immer wieder auf diese Unstimmigkeiten hinweisen – gerade wenn die Doppelmoral so überdeutlich ist wie momentan während des US-Vorwahlkampfes.
Geheimdienst-Gerüchte und Sanktionen
Nicht nur Teile der republikanischen US-Regierung fahren diese antirussische Linie. Zum Teil noch radikaler tun dies Personen der demokratischen Partei. Wie eingangs gesagt, sehen sich neoliberale Falken bei den US-Demokraten durch aktuelle Geheimdienst-Gerüchte bestärkt, neue antirussische Sanktionen zu fordern, wie Medien berichten. Hier melden sich keine Hinterbänkler, sondern Teure der demokratischen Führungsriege: Die Senatoren Chuck Schumer, Bob Menendez und Sherrod Brown. Schumer ist der demokratische Führer des Senats. Menendez und Brown sind die führenden Demokraten in den Ausschüssen für auswärtige Beziehungen und Banken des Senats, die die Sanktionspolitik beaufsichtigen.
Durch den Sanktions-Vorstoß wird den nicht belegten Geheimdienst-Vorwürfen, Russland ziele auf Trump und Sanders, der Mantel der Seriosität umgehängt. Zusätzlich schaden die Demokraten dadurch auch (vorsätzlich) ihrem Zugpferd Sanders, indem sie suggerieren, die russische Einflussnahme auf seine Kampagne sei real. Dass für eine Beschädigung des Politikers Bernie Sanders von Partei-„Freunden“ auch geschmälerte Wahlchancen in Kauf genommen werden, das hat Jens Berger kürzlich in diesem Artikel beschrieben.
Bernie Sanders und die Demokratische Partei – Ein Dilemma
Die Betrachtung der fragwürdigen Demokratischen Partei und ihres vielversprechenden Kandidaten Bernie Sanders führt also in ein Dilemma: Sanders ist aktuell wohl der US-Politiker, den man der US-Bevölkerung am ehesten (innenpolitisch) gönnen würde. Gleichzeitig gehört er einer hochproblematischen Partei an, die ihn zudem noch offen bekämpft. Sympathie für Sanders und einige seiner Vorhaben dürfen den Blick nicht für Risiken verstellen: Mit einem Präsidenten Sanders könnte auch eine Mannschaft außenpolitischer demokratischer Falken ins Weiße Haus einziehen, wie nicht nur die aktuellen Äußerungen von Demokraten zu Russland zeigen. Sanders wäre dann durch die republikanischen Gegner isoliert – und zusätzlich durch seine demokratischen Partei-„Freunde“. Dementsprechend machtlos könnte er sein.
Hier soll kein Fatalismus verbreitet werden: Ein Wahlsieg von Sanders wäre wünschenswert, man sollte ihn unterstützen. Aber eine Darstellung der US-Demokraten als echte „Alternative“ führt (vor allem außenpolitisch) in die Irre und zu großen Enttäuschungen. Der dominierende (neoliberale und kriegstreiberische) Flügel der Partei ist ebenso scharf zu kritisieren wie die Kampagne, die aktuell (unter Beihilfe der Demokratischen Partei) von neoliberaler Seite gegen Bernie Sanders läuft – in den USA, aber auch in deutschen Medien.
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